Meine Lieben,
lange ist es wieder her, das ich zuletzt etwas geschrieben habe. Ich erfreue mich an den Livestreams auf Twitch, an meiner persönlichen Zuverlässigkeit, diese stattfinden zu lassen und natürlich auch an all den Menschen – bekannt wie unbekannt – die immer wieder einschalten und das Gesamtbild bereichern.
Dabei ist doch Oktober – der Monat, der mir vom ganzen Jahr immer am Meisten seelische Aufmerksamkeit abverlangt. Heute möchte ich über diese Befindlichkeit schreiben – und auch über etwas anderes.
Ja – der Oktober. Alle Jahre wieder kündigte sich dieser im Grunde wunderschöne Herbstmonat (denn ich liebe den Herbst) von langer Hand an. Nicht weil ich auf den Kalender schaute, nein. Sondern weil es der Monat meiner Mama ist, welche am 29.10. in diesem Jahr 63 Jahre alt geworden wäre.
Es sind diese bedeutsamen Tage, die in mir immer wieder eine ganz eigene Sehnsucht und somit auch eine ganz eigene Traurigkeit entfachen – Geburtstage, Feiertage – der Todestag.
Und da war es irgendwie auch immer normal, auch wenn mir dieses Wort im Bezug auf mich grundlegend unpassend erscheint, dass es mir eben schlecht geht.
In diesem Jahr war das nach fünf Jahren zum ersten Mal anders.
Natürlich bin ich hin und wieder traurig. Ich habe mich nicht etwa „daran gewöhnt“, dass Mama weg ist. Nein. Aber ich habe gelernt, damit zu leben. Und zwar wirklich zu leben – nicht länger eingepfercht in meinen eigenen vier Wänden, niemals das Haus verlassend; in meinen Depressionen versinkend und alles um mich herum ignorierend.
Meine Arbeit, meine Ehe und der kleine Carlo sind im Einklang miteinander, auch wenn ich hin und wieder das Gefühl habe, dass mir die Zeit durch die Finger zu rinnen scheint. Ich bemühe mich diesen lebendigen Eckpfeilern meines Lebens den Raum zu geben, den sie verdienen. Diesen Raum, den ich vor gar nicht allzu langer Zeit beinahe ausschließlich meiner Trauer und meinem Kummer gewidmet habe, neu zu entdecken, hat die vergangenen fünf Jahre Lebenszeit gekostet.
Fünf Jahre in denen ich beinahe immer – und das egal in welcher Situation, traurig war. Einsam. Fünf Jahre in denen ich immer wieder versucht habe, zu finden, was nicht zu finden ist – und fünf Jahre, auf die ich heute voller Schrecken zurück blicken muss.
Vielleicht ist es genau dieser Schrecken, der mich davon abhält wahrhaft traurig werden zu können: denn hat man einmal den Sprung aus dem Dunkel der abgrundtiefsten Depression geschafft, weiß man ganz genau wo man nie wieder hin kommen möchte.
Doch auch in diesem Jahr stellt mich mein Leben und die anhaltende Diskrepanz mit den Menschen, auf eine Probe: ich habe immer noch Probleme mit den Menschen und dem, wie sie sich verhalten; Probleme damit, mich im Ganzen zu finden.
Es ist egal wie sehr ich mich bemühe und angestrengt versuche es allen Menschen recht zu tun: es kommt immer wieder vor, dass sich Menschen von mir abwenden. „Manchmal sind Menschen einfach so“, sagte meine Mutter dann immer. Aber vollends befriedigen kann mich diese Aussage nicht.
Ich frage mich, was an mir falsch ist, dass andere Menschen sich eben – zumeist wortlos – von mir abwenden. Das habe ich mich nebenbei bemerkt schon immer gefragt, auch und vor allem im Bezug auf meine Ur-Familie.
In solchen Momenten wünsche ich mir immer ganz besonders eine Zigarette mit meiner Mutter herbei. Nicht weil ich davon ausgehe, sie könnte mir all diese Fragen nehmen. Nein. Sondern einfach weil ich ganz genau weiß, dass meine Mutter es geschafft hätte, mir meine Selbstzweifel zu nehmen.
Sie ist immer sehr direkt gewesen – und ich kann euch sagen, eine „direkte Mutter“ ist nicht nur schön. Aber sie verstand es gut, diese ehrliche Direktheit fair und vor allen Dingen objektiv darzustellen. Und auch wenn das natürlich voraussetzt, dass man auch irgendwas Gutes an sich hat, konnte sie mir genauso wie all die negativen Dinge, ganz direkt sagen, was an mir ein solches Verhalten eben NICHT verdient hat.
Es ist aber auch einfach schön, sich bei der Mama auszuheulen – um das kurz mal anzuschneiden. Auch darauf verstand sie sich blendend. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass sie auf meiner Seite ist, selbst dann wenn meine Seite kaum genügend Platz für mich selbst übrig hatte.
Die Frage danach, warum Menschen einem erst Sympathie suggerieren, um dann beinahe in höchst besorgniserregender Feindseligkeit aufzutreten, wird vermutlich immer unbeantwortet bleiben. Und ich werde das niemals verstehen.
Denn ich kann nicht begreifen, was ich selbst anderen Menschen nicht entgegen bringe.
Ich lebe frei nach dem Motto, jedem zu zeigen, was ich von ihm/ihr halte: wenn ich jemanden mag, dann ist das so – und wenn ich jemanden nicht mag, dann ist das auch so.
Das ist eine nüchterne Erkenntnis.
Und daher nutze ich meinen Oktober-Post abschließend für folgendes Statement:
Ich bin nun mal ich. K – i – r – a. Und Du bist nun mal du. D – U.
Es ist beinahe unmöglich, dass wir beide immer einer Meinung sein werden. Ich habe sehr feste Ansichten in den meisten Lebensfragen – und gestehe es dir zu, ebenso festgefahren zu sein. Wir können uns immer unterhalten – und Du kannst mir immer sagen, was Dir nicht passt. Ich werde Dich nicht angreifen, beleidigen oder verletzen. Ich werde schlimmstenfalls meine Meinung vertreten und argumentativ versuchen Dich von dieser Meinung zu überzeugen.
Aber wenn Du mir den Respekt entgegen bringst, mich als menschliches Wesen schätzend, in deine Befindlichkeit zu integrieren und sagst, was dich stört, dann könnte es passieren, dass ich mich sogar verändere.
Das setzt natürlich voraus, dass ich einen Wert für dich habe – und Du einen für mich.
Wenn ich meine Zeit mit Dir verbringe, mit dir spreche und mich nach Dir erkundige, dann kannst Du dir sicher sein, dass ich dir einen solchen Wert in meiner Welt zuspreche.
Das bedeutet leider nicht, dass Du es genauso halten musst – und dessen bin ich mir bewusst.
Ich möchte nur daran glauben, dass die Menschen nicht einzig dem Verlangen verschrieben existieren, andere Menschen zu verletzen. Daher würde ich mir wünschen, dass Du, wenn Du ein Problem mit mir hast, mit mir sprechen kannst. Ganz gleich in welche Richtung wir beide uns anschließend bewegen.
Mit diesen Worten wünsche ich euch allen einen schönen Feiertag und morgen dann ein ebenso schönes Bergfest 🙂
– Kira 🙂