Um halb zwei war ich heute morgen das erste Mal wach und konnte es natürlich nicht sein lassen, auf Twitter vorbei zuschauen, um die US-Präsidentschaftswahl zu verfolgen.
Mein Entsetzen ließ mich anschließend mindestens einmal in der Stunde aufwachen – ehe ich um vier Uhr dann endgültig aufgestanden bin und am Liveticker verfolgte, wer denn nun der „mächtigste Mensch der Welt“ werden sollte.
Ich bin natürlich kein Politik-Wissenschaftler, noch bin ich studiert und entsprechend gebildet. Ich bin lediglich nicht blind und beobachte aufmerksam das Geschehen am anderen Ende der Welt.
Die US Wahlen sind im Gegensatz zu unseren Bundestagswahlen sehr medial und werden vor ganz viel Publikum und ganz viel Glamour ausgetragen.
Für mich war Hillary Clinton die passendere Person, für das Amt des Präsidenten. Als erstes – und das soll keinesfalls sexistisch klingen, ist sie eben eine Frau und ich bin der Ansicht, dass es Zeit ist, auch in einer solchen Position endlich eine Frau zu ernennen. Sie war mir stets sympathisch – und auch die Enthüllung diverser „Wahrheiten“ über sie, konnten diese Sympathie nicht nehmen. In der Politik, so scheint es mir, schmieden einzelne Protagonisten sowieso ihre Pläne und „spielen“: Lügen erzählen können somit alle.
Es bleibt die Frage, mit welchen Lügen – vor allem aber Wahrheiten, ich leben kann – oder eben nicht.
Außerdem bringt sie meiner Meinung nach die größere Erfahrung auf dem großen Parkett der Weltpolitik mit – die Trump in jeglicher Hinsicht fehlt.
Aber ganz egal, wie wenig ich Clinton auch hätte einschätzen, gar vertrauen können: ein Mann, der Menschen mit Behinderung – und das sogar öffentlich – parodiert, Menschen, die anderer Meinung sind, „wegsperren“ lassen und solche Menschen, die einen anderen Glauben haben oder gar anderer Hautfarbe sind, „deportieren“ lassen will; so ein Mann darf keine Macht haben.
Auf Twitter habe ich im Zuge meines Interesses sehr viele Tweets zu dieser Wahl gelesen und verfolgt. Nicht nur Amerikaner, sondern Menschen aus allen Teilen der Welt verkündeten am Morgen ihre Ängste – meist zwar relativ „witzig“ verpackt, aber im Kern doch durch die Bank eindeutig: Donald Trumps Narzismus und Unberechenbarkeit sind gefährlich.
Eine Mutter schrieb besorgt darüber, wie sie ihren Kindern beibringen soll, dass man sich über Menschen mit Behinderung nicht lustig machen darf, wenn es der Präsident selbst tut.
Jemand anderes schrieb: „Ich fühle mich wie um 1933. Da wurde Hilter Reichskanzler.“. Ich antwortete darauf: „…und auch damals hat die Mehrheit gejubelt.“
Die kanadische Einwanderungs-Website war wenige Minuten nach der Führung Trumps wegen Überlastung abgestürzt.
Die Suche „how to leave america…“ stand an Platz 1 von GoogleSearch.
In den Lagern der Demokratischen Partei war das Entsetzen in den Gesichtern groß. Und ich muss sagen, auch ich hatte Tränen in den Augen.
Besonders heute erinnere ich mich daran, wie meine Mutter mir davon erzählte, wie sie einst die Rede John F. Kennedys im Fernsehen verfolgte. Sie war selbst noch jugendlich – aber vollends mitgerissen und das, obwohl wir ja hier in Deutschland sind und eben nicht in den USA.
Diese freie Rede – die so gespickt ist, von einem modernen Gedankengut, galt stets als Sinnbild für die Freiheit der Welt, vor allem aber der Amerikaner.
„Vor zweitausend Jahren war der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Bürger Roms‘. Heute, in der Welt der Freiheit, ist der stolzeste Satz ‚Ich bin ein Berliner‘.“
Die Worte, „Ich bin ein Berliner“, die auch anders gesagt „Ich kämpfe für meine Überzeugung“, „Ich habe moralisch vertretbare Werte“ „Ich bin frei“, hätten lauten können, werden verschwindend leise, in den Geschehnissen der vergangenen Stunden.
Kennedy wusste schon damals
„Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen.
[…] die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinandergehalten, die zusammen leben wollen.“
Und Heute – 53 Jahre später, spricht ein amerikanischer Präsident während seiner Wahl von dem Errichten einer solchen Mauer in Richtung Mexiko.
Und ja, es gibt sogar Menschen, die glauben, dass die USA nichts mit uns zu tun haben – und das es uns „ja egal sein kann, wer schlussendlich Präsident ist, oder nicht“.
Fakt bleibt: es ist nicht egal.
Denn nicht nur die Deutschen, sondern ganz Europa befindet sich unter einer großen Glucke der USA, die einerseits „bevormundend“ und anderseits stehts schützend wahrgenommen werden sollte. Die Amerikaner gelten seit jeher als die „Polizei der Welt“ und egal wie gut oder schlecht man etwaige Handlungen bewertet, haben diese doch einen großen Einfluss auf das Weltgeschehen genommen.
Ziehen sich die Amerikaner aus dieser Rolle zurück – und das tun sie aller Wahrscheinlichkeit nach, da Trump die Message „America first“ als festen und eigentlich ausschlaggebenden Wahlspruch, neben „Make America Great Again #MAGA“, propagiert hat – kann die Welt in der wir leben sehr schnell in ein Ungleichgewicht geraten.
Da wäre der nahe Osten: Atombomben in Nordkorea – vielleicht dem Iran oder ähnlich gefährlichen Regionen; ganz zu schweigen natürlich von dem anhaltenden Terrorismus – aber auch der populistischen Tendenz diverser Nachbarstaaten und sogar im eignen Land durch die AfD.
Oder Trump winkt in Richtung Putin, mit der weißen Fahne in der Hand und sagt „Jo, da sind zwar ein paar kleine baltische Staaten in deinem Grenzgebiet – doch ich mach dann einfach mal die Augen zu“ – und agiert Putin gleichermaßen im Sektor der USA, sieht die Welt in der wir dann leben ganz schnell, ganz anders aus.
Es bleibt natürlich abzuwarten, in weit Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten das wahr macht, was er seinen Wählern versprochen hat. Und wir werden nun mindestens 2 Jahre Zeit haben, jeden Morgen bangend einen Blick in die Zeitung zu wagen.
Doch eins steht fest: wir werden es erleben – so oder so, weil diese Wahl eben nicht rein „amerikanisch“ ist, sondern jeden Einzelnen auf dieser Welt betrifft – auch uns.
Quelle: John F. Kennedy speech
– Kira 🙂
Ein fremder Gedanke zu “#ElectionNight – warum diese Wahl nicht amerikanisch ist”